Newsletter Juni 2007  

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde !

In dieser Plenarwoche ist das Hauptgesprächsthema in offiziellen Sitzungen und in den Gängen des Parlamentsgebäudes das weitere Schicksal des Europäischen Verfassungsvertrages gewesen. So haben am Dienstag der Premierminister Italiens, Romano Prodi, und am Mittwoch der Premierminister der Niederlande, Jan Peter Balkenende, ihre Vorstellungen über die Zukunft Europas im Plenum dargelegt.

Da es in dieser Plenarwoche kein wirkliches Schwerpunktthema gegeben hat, möchte ich über die weit reichende Entscheidung des Europäischen Parlaments zum Projekt des Europäischen Satellitennavigationssystems Galileo berichten.

Das Parlament hat mit großer Mehrheit eine Stellungnahme zu einer möglichen Finanzierung der zweiten Stufe des Galileo-Projekts beschlossen, die vom Haushaltsausschuss unter dem Vorsitz des schleswig-holsteinischen CDU-Abgeordneten Reimer Böge erarbeitet worden war. Da die ursprünglich durch die Privatwirtschaft vorgesehene Finanzierung der Produktion und Stationierung der Satelliten und des Aufbaus der Bodenstationen vor wenigen Wochen von Kommission und Rat als gescheitert erklärt worden war, hat sich nun das Parlament bereit erklärt, diese zweite Stufe des Galileo-Projekts in den nächsten Jahren vollständig mit 2 Milliarden Euro aus dem E U -Haushalt - durch Umschichtungen - zu finanzieren, da Galileo einen riesigen Europäischen Mehrwert aufweist.

Vergleichbar mit dem Airbus geht es bei Galileo darum, sich von der einseitigen Abhängigkeit von dem amerikanischen Global Positioning System (GPS) zu lösen und in dem Technologiesektor der satellitengestützten Navigationssysteme eigene Europäische Kompetenzen aufzubauen. Mit dem vorgesehenen System von 30 Satelliten soll Galileo für zivile Nutzer präzisere und jederzeit verfügbare Ortungsmöglichkeiten bereitstellen - vom Verkehrswesen über Justiz, Polizei und Zoll bis zum Umweltschutz.

Das Parlament hat zugleich die Kommission aufgefordert, hierzu einen konkreten Vorschlag im Herbst vorzulegen, der sodann vom Europäischen Parlament und vom Rat im Mitentscheidungsverfahren beschlossen werden soll. Ferner hat das E P Überlegungen des Rates unter dem Vorsitz des deutschen Verkehrsministers Wolfgang Tiefensee abgelehnt, eine Mischfinanzierung mit nationalen Mitteln vorzusehen. Denn ein derartiges System führt erfahrungsgemäß nur zu unklaren Verantwortlichkeiten und dem Beharren nationaler Regierungen, Aufträge an Unternehmen im eigenen Land als "anteilige Rückflüsse" zu erhalten.  Das Galileo-System soll aber nach Auffassung des E P politisch unabhängig und allein nach fachlichen Kompetenzen aufgebaut werden.

Abschaffung der Briefmonopole zum Ende 2010

Der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments beschloss in einer Sondersitzung am Montag in Straßburg zum Kommissionsvorschlag zur Vollendung des Binnenmarktes für Postdienste mit den Stimmen der Christdemokraten, der Sozialdemokraten und der Liberalen eine Kompromisslinie für die endgültige Abschaffung der Briefmonopole der staatlichen Postdienste.

Während die Kommission die Märkte für die Briefbeförderung bereits zum 1. Januar 2009 öffnen wollte und die 27 Mitgliedstaaten hinsichtlich der Abschaffung der noch bestehenden Briefmonopole für Sendungen unter 50 Gramm heillos zerstritten sind, verabschiedete nunmehr der Verkehrsausschuss unter der Federführung des CSU-Kollegen Markus Ferber folgende Kompromisslinie: Die Briefmonopole sollen spätestens zum 31. Dezember 2010 endgültig aufgehoben werden. Die neuen E U-Staaten und die Staaten mit extremer Rand- bzw. Insellage können diese Frist um bis zu zwei Jahre verlängern. Zur Sicherstellung und Finanzierung einer flächendeckenden Briefversorgung (Universaldienst) nach Abschaffung der Monopole können die einzelnen Mitgliedstaaten entweder die Bereitstellung eines Universaldienstes durch einen Anbieter in dem jeweiligen Land mittels staatlicher Zuschüsse gewährleisten oder einen Fonds einrichten, in den alle Postdienstleister des jeweiligen Land einzahlen, um so die Kosten des Universaldienstes durch einen von ihnen abzudecken.

Diese Kompromisslinie des Verkehrsausschusses, die im nächsten Monat auch die Zustimmung des Plenums finden dürfte, sollte eine realistische Basis sein, auf die sich nunmehr auch der Rat der 27 Mitgliedstaaten einigen könnte.

Wirtschafts- und Handelsbeziehungen EU - Russland

Das Europäische Parlament verabschiedete auf der Basis eines Entwurfes der niedersächsischen CDU-Abgeordneten Godelieve Quisthoudt-Rowohl einen Bericht über die Fortentwicklung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der E U und Russland.

Das E P betonte, dass die beiderseitigen Beziehungen ein riesiges wirtschaftliches Potenzial hätten und dass beide Seiten von einer stärkeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit und guten nachbarschaftlichen Beziehungen profitieren würden. Gegenwärtig ist Russland mit 7,3 % am EU-Außenhandel der drittwichtigste Außenhandelspartner der E U und ist die Union mit einem Anteil von 52,9 % am russischen Außenhandel der wichtigste Handelspartner Russlands. Das E P setzt sich für den Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO) ein. Zugleich forderte es aber von Russland einen stärkeren Schutz des geistigen Eigentums, eine aktive Bekämpfung der Korruption und eine berechenbare Energie-Exportpolitik.

Nach Ansicht des E P sind die beiderseitigen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen stets im Zusammenhang mit den beiderseitigen politischen Beziehungen zu sehen. Daher wies das   E P darauf hin, dass die Beziehungen E U  - Russland gegenwärtig an einem kritischen Punkt angelangt sind, und forderte u.a. von Russland als Mitglied des Europarates die Fortentwicklung des politischen Pluralismus und die Verbesserung der Lage der Menschenrechte in Russland. Schließlich setzte sich das Parlament für klar positionierte Verhandlungen über ein neues umfassendes Partnerschafts- und Kooperationsabkommen E U - Russland ein.